Von Samantha M. Günther Die Hafele Hermine, sie ist die ehemalige und langjährige Gastwirtin der Verpeilhütte auf 2025 Höhenmetern. Hochschwanger übernimmt sie 1961 mit ihrem Mann die Hütte. Anfangs gibt es keinen Strom und fließendes Wasser. Bis zu fünfzig Kilo Lebensmittel transportiert ihr Mann fast täglich aus dem Tal herauf. Darunter Kartoffeln, Fleisch und Eier für den Kaiserschmarrn. Thomas Junker, Charly Hafele und ich haben Hermine im vergangenen Sommer auf der Verpeilhütte getroffen. Nun treffen wir die 73-Jährige erneut – in ihrem heutigen Zuhause und dürfen von ihrem berühmten Kaiserschmarrn kosten.
Mit einer herzlichen Umarmung und strahlendem Lächeln empfängt uns Hermine in ihrer kuschligen Küchenstube. Ganz noch die Gastwirtin bittet sie uns zum Esstisch, auf dem Apfelmus und Preiselbeeren bereitstehen. Doch es ist nicht, wie erwartet ein süßer Duft, der in meine Nase steigt und das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. Auf dem Grandl, auch als Holzherd oder Küchenschiff bekannt, wartet zunächst eine andere traditionelle Spezialität auf uns. Kaum Platz genommen verwöhnt uns Hermine schon mit echten Tiroler Kaspressknödeln.
Um vier Uhr stand sie damals in ihrer aktiven Zeit als Wirtin täglich in der Verpeilhütte auf. Holte das Teewasser vom Brunnen und bereitete das Frühstück für die Bergsteiger vor. Nachdem diese auf Gipfeltour gingen, kochte Hermine Bratkartoffeln, Backerbsensuppe oder backte einen Kuchen. An einem Tag konnten da mal bis zu sechzig Gäste kommen. Manchmal waren es dagegen nur eine Handvoll. Der Küchenherd immer in Betrieb und Hermine immer in Bewegung. Hermine lächelt, wenn sie daran zurückdenkt. Lange mag sie nicht an unserem Tisch sitzen bleiben. Den Kaiserschmarrn möchte sie uns unbedingt zubereiten. Während ich noch den letzten Bissen der guten Kaspressknödel genieße, vermischt sie schon Mehl, Milch, Eier, etwas Zucker und Salz zu einem Teig.
Ein Stück Butter schmilzt währenddessen schon in der Pfanne vor sich hin. Näher soll ich kommen, damit ich mir das schmackhafte Rezept gut merken kann. Nach kurzem Verrühren des Teiges, gießt Hermine ihn langsam in die erhitzte Pfanne. Zunächst wird die Unterseite angebacken. Kaiserschmarrn, benannt nach dem Kaiser Franz Joseph I., ist eine der bekanntesten Süßspeisen der österreichischen Küche. Aber vor allem mein Lieblingsgericht hier in Österreich. Während ich mir schon vorstelle, wie gut dieser nur schmecken muss, wendet Hermine vorsichtig den Teig, bis er bereit zum Zerteilen ist. Mit dem Kochlöffel und Messer ist dies schnell erledigt.
Die Erinnerungen an ihre Arbeit auf der Verpeilhütte erwachen mit dem zarten Duft des Kaiserschmarrns. Hermines Lächeln wird kurzzeitig durch einen ernsteren Blick durchbrochen. Es gab anfänglich wirklich nichts. Keine Gefriertruhe, kein Kühlschrank, gar nichts. Den Leuten wollte sie gern etwas Frisches geben, aber das war nicht immer möglich. In diesen Jahren hatte sie nur einen kühlen Keller, da konnte das Fleisch bis zu zwei Tage aufbewahrt werden. Davon konnte man mal noch eine Gulaschsuppe machen. Aber meist half die Almmilch, die der Hirte reinbrachte. Diese vermischt mit Mehl und ein paar Eiern brachte schon den Kaiserschmarrn hervor, der die hungrigen Gäste gut sättigte.
Und dann ist es so weit. Ein riesiger Teller Kaiserschmarrn mit Puderzucker überstreut steht vor meinen Augen. Mein Appetit ist gewachsen und die Kaspressknödel in meinen Magen rücken zur Seite, um Platz zu schaffen. Schnell lerne ich wieder, was eine Kaunertaler Essensportion bedeutet. Unwissend denke ich natürlich, dass eine Pfanne für uns alle locker reichen würde. Nein, keinesfalls. Für jeden von uns gibt es eine komplette Pfannenration. Mit dieser Erkenntnis werden meine Augen noch größer. Es dauert nicht lange und die zweite Pfanne für Charly brutzelt schon vor sich hin. Der weiß natürlich ganz genau, was ihn für eine Portion erwartet.
Mit dem Essen sollen wir anfangen, bevor es kalt wird. Innerhalb von ein paar Minuten zaubert sie uns drei traumhafte Teller voller Genuss. Für Hermine eine Kunst, die durch die vielen Jahre als Gastwirtin zur Routine geworden ist. Maximal zu dritt waren sie damals auf der Hütte. Viel Freizeit gab es dabei nicht. Die Verpeilhütte war ihr ganzes Leben – mit einem nicht immer einfachen Alltag. Bis heute bereut sie keine Sekunde, die sie dort verbracht hat. Gerne denkt sie an die musikalischen Hüttenabende zurück bei denen Gitarre gespielt und gejodelt wurde.
Hiermit möchte ich mich noch mal bei Hermine für diese köstliche Einladung bedanken. Jeder, der einmal die Gelegenheit haben sollte, Hermines Kaiserschmarrn zu probieren, sollte diesen keinesfalls ablehnen. Der Hunger darauf wächst schon wieder, nur wenn ich an ihn zurückdenke!
Samantha M. Günther ist Assistentin dieser Filmproduktion und wird an dieser Stelle neben dem Filmemacher Thomas Junker von ihren Erlebnissen und Eindrücken während der Dreharbeiten berichten.