Von Samantha M. Günther Die Eheleute Joseph und Elisabeth Eiterer sind Bauern aus Leidenschaft. Nachdem wir die beiden Kaunerberger im vergangenen Sommer auf der Falkaunsalm trafen, zeigen sie uns jetzt was für sie „Morgenstund“ bedeutet.
Nur ein paar Lichter deuten an, dass nicht mehr alle Kaunertaler schlafen. Ich reibe mir die letzte Müdigkeit aus den Augen und ziehe mir die Handschuhe über. Ein letzter Blick auf die Uhr. Es ist 05:45 Uhr und ein früher Drehtag steht an. Hinter uns eine Serpentinenstraße auf die, der eine oder anderer Fahrer ohne Schneeketten Probleme kriegen könnte. Vor uns fliegende Schatten, geworfen vom hell erleuchteten Kuhstall, umringt von Morgengrauen, Schneeflocken und kaltem Wind. Rasch steigen Thomas und ich aus dem Auto, schnappen die Kamera und das Stativ, um die ersten Außenaufnahmen zu drehen.
Bevor die Kälte zu meinen Fußspitzen durchdringen kann, kehren wir den Minusgraden den Rücken zu und öffnen die Stalltür. Aus der Dunkelheit blicken wir in einen Alltag hinein, der hier schon um 5 Uhr in der Früh begonnen hat. Am Ende des Ganges stehen die schwarzen Milcheimer bereit. Davor in Seelenruhe der Bauer Sepp Eiterer, der uns schon erwartet. Lächelnd begrüßt er uns und zeigt auf die Kuh, die gerade von seiner Frau Elisabeth gemolken wird. „Ja die Kuh darf nur die Frau melken, weil bei mir schlägt sie aus. Die ist genau auf sie eingespielt“, sagt er, ein knochiger Mann, 72 Jahre.
Dass die Kühe sensible Wesen sind, zeigt schon die Tatsache, dass während gemolken wird, wir nicht sprechen dürfen. „Sonst geben sie keine Milch“, erklärt Elisabeth uns freundlich, die einen blauen Kittel und eine Mütze trägt. Die Arbeit beginnt ohne Worte. Die 67-Jährige setzt sich auf ihren Einbeinhocker und beginnt die Melkmaschine an dem Euter zu bringen. Zweimal täglich kümmert sie sich um das Melken. Joseph läuft in Gummistiefel mit kleinen Schritten an uns vorbei und verschwindet kurz in einen Raum. Nach wenigen Sekunden kommt er mit einem Heuberg in den Händen heraus und füttert damit die ersten Kühe. Nicht lange braucht Joseph und alle elf Tiere sind versorgt. Zwischendurch verweilt der langjährige Bauer kurz, blickt um sich und ist stolz auf seine Tiere. „Die Pflege ist ganz wichtig. Die gehören jeden Tag geputzt. Sehr wichtig, aber ich komme nicht jeden Tag dazu. Einmal in der Woche werden sie gewaschen“, erklärt er uns, während er mit der Bürste über das Fell streift.
Dann bemerke ich ein leises Schniefen, kaum hörbar durch das Schweinegrunzen und das Heurascheln. Mein Blick wandert zu der Holzbox neben mir, aus der mich zwei neugierige Augen begutachten. Wie immer kann ich nicht widerstehen und halte dem süßen Kalb meine Hand hin. Erst zögernd, aber dann ganz frech fordert das Tier mich heraus, es zu streicheln. Zehn Kilo hat es gewogen, als es geboren wurde. Ein Überlebenskünstler, der sich als kleine Überraschung für das Bauernpärchen erwies. „Dass die überhaupt ein Kalb hat, die Kuh. Und dann haben wir sie untersuchen lassen. Und der Tierarzt hat gesagt, ja die hat ein Kalb. Und da habe ich gesagt, na was wird die abgeben“, erzählt uns Elisabeth mit einem breiten Lächeln. Ihre Augen strahlen und die Bäuerin beginnt das Jungtier mit der Flasche zu füttern. Alle zwei Stunden bekommt es seit dem ersten Tag ein viertel Liter Milch und ist dadurch gesund geblieben.
Innerhalb einer Stunde zeigen uns die beiden, was alles zu der Stallarbeit im Winter gehört. Konzentriert und glücklich wirken sie. Das Bauernleben muss man mögen. Unabdingbar der intensive Stallgeruch. Ob die Bauernschaft einmal von einer ihrer zwei Töchter übernommen wird, steht noch in den Sternen. Einen kleinen Einblick der Eiterers in Bewegtbild gibt es hier: http://vimeopro.com/thomasjunker/ein-jahr-im-kaunertal
Samantha M. Günther ist Assistentin dieser Filmproduktion und wird an dieser Stelle neben dem Filmemacher Thomas Junker von ihren Erlebnissen und Eindrücken während der Dreharbeiten berichten.